Baden-Württemberg
Die digitale Verwaltung ist die zwingende Voraussetzung für einen funktionsfähigen Staat
14/04/25 11:22

Diskussionsrunde zum Thema „Digitales Update für die Verwaltung. Für einen funktionsfähigen Staat“ mit (v.l.n.r.: Christin Kiessling (Geschäftsführerin STACKIT Go2Market), Prof. Dr. Robert Müller-Török (Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg, Mitglied des Digitalrats in München), Daniel Karrais MdL, Digitalpolitischer Sprecher der FDP/DVP-Fraktion und Marc Danneberg (Leiter Public Sector Bitkom e.V.)) Foto: Joachim Kiessling
Karrais: Die digitale Verwaltung ist die zwingende Voraussetzung für einen funktionsfähigen Staat
Dem Land droht der Verwaltungskollaps. Wir zeigen, wie ein Digitales Update funktioniert.
Zahlreiche Experten aus der IT-Branche, der Verwaltung sowie Interessierte folgten am Freitag (11. April) der Einladung des digitalpolitischen Sprechers der FDP/DVP-Fraktion, Daniel Karrais, nach Stuttgart, um gemeinsam mit
Christin Kiessling (Geschäftsführerin STACKIT Go2Market),
Marc Danneberg (Leiter Public Sector Bitkom e.V.) und
Prof. Dr. Robert Müller-Török (Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg, Mitglied des Digitalrats in München)
die Herausforderungen und Wege der digitalen Verwaltung von morgen zu diskutieren.
Daniel Karrais eröffnete die Diskussion: „Die Digitalisierung der Verwaltung ist nicht nur eine schöne moderne Idee, sondern gemeinsam mit konsequentem Bürokratieabbau eine zwingende Voraussetzung, um die Funktionsfähigkeit des Staates von morgen aufrechtzuerhalten.“ Der digitalpolitische Sprecher gab zu bedenken, dass in Baden-Württemberg die Uhr bereits auf kurz vor zwölf stehe: „Mehr Aufgaben bei weniger Personal und ohne Aussicht auf automatisierungsfähige Digitalisierung der Prozesse führen unweigerlich zu einem Verwaltungskollaps und damit zum Versagen des Staates. Dies bremst nicht nur die Wirtschaft, sondern auch die Gesellschaft aus, es leidet das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit des Staates und damit in unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung. Das sehen wir ganz aktuell. Viele Bürger haben das Gefühl, der Staat funktioniere nicht mehr richtig.“
Christin Kiessling meinte: „Deutschland ist digital massiv abhängig vom Ausland, was in der aktuellen geopolitischen Lage höchst riskant ist. Wir müssen die digitale Souveränität in die eigene Hand nehmen und Souveränität gesamtheitlich denken. Digitale und physische Infrastrukturen lassen sich nicht voneinander trennen. All das muss auf Basis einer souveränen Cloud Infrastruktur und im Umfeld starker Partnerschaften erfolgen. Es braucht starke Ökosysteme und Wissensaustausch. Wir müssen das Rad nicht immer neu erfinden, sondern wir müssen den Austausch zwischen öffentlicher Verwaltung und der Privatwirtschaft intensivieren. Es braucht flächendeckende Lösungen, die auf souveräner Basis eingesetzt werden. Dafür braucht es den Staat als Ankerkunden. Er muss vorangehen und zeigen, dass man Vertrauen in deutsche und europäische Lösungen hat.“
Eine klare Vorstellung von der Verwaltung der Zukunft hatte auch Marc Danneberg: „Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern und weltweit sind wir im Bereich digitale Verwaltung wohlwollend gesagt im schlechten Mittelfeld. Eigentlich müssten nach dem Onlinezugangsgesetz seit Ende 2022 alle Verwaltungsleistungen digital angeboten werden. Davon sind wir leider noch weit entfernt, was genau genommen bedeutet, dass sich ein Großteil der deutschen Behörden nicht rechtskonform verhält. Eine große Herausforderung ist dabei unsere föderale Struktur. Eine zukunftsfähige und resiliente Verwaltung ist proaktiv, transparent und teilautomatisiert. Sie sollte klar kommunizieren, welche Schritte online erledigt werden müssen, damit entsprechende Zahlungen und Unterstützungen bereitgestellt werden können. Bürger müssen nachvollziehen können, wie weit Verwaltungsprozesse fortgeschritten sind.“
Prof. Dr. Müller-Török zeigte eindrücklich auf, wie die deutsche Verwaltung in einer zunehmend digitalisierten Welt hinterherhinkt: „Es braucht ein einziges, zentrales Verwaltungsportal und nicht zahlreiche Insellösungen. Darüber hinaus klemmt es an der digitalen Bildung. Nimmt man die Modulhandbücher deutscher Verwaltungshochschulen zur Hand, so sieht man nur wenig Anteil der Digitalisierungsfächer. An den Verwaltungshochschulen in Baden-Württemberg beispielsweise stehen im Grundstudium Public Management ca. 40 Stunden Informatik vergleichsweise 100 Stunden Zivilrecht bzw. 80 Stunden ‚Psychologie, Soziologie und soziale Kompetenzen‘ gegenüber. Wir können mit Kleinigkeiten schon auf Landesebene viel erreichen, wenn wir die Basisinfrastruktur schaffen. Dazu gehört zum Beispiel eine digitale Chipkarte als Ausweis für Landesbeamte.“
Daniel Karrais forderte schließlich eine Verwaltungsreform für Baden-Württemberg, mit dem Ziel die zahlreichen Mehrfachstrukturen abzubauen und eine schlanke, aber dafür umso schlagkräftigere Verwaltung zu bilden: „In Kompetenzzentren müssen wir Know-How bündeln und damit die Qualität und Zuverlässigkeit der Verwaltung verbessern. Dies entspannt zudem die Personalsituation und sorgt für eine Erleichterung und Beschleunigung bei der Bewältigung von Aufgaben. Diese Reform ist ein notwendiger Schritt, um die Leistungsfähigkeit des Staates auch in Zukunft aufrechtzuerhalten und spürbar zu verbessern.“
© 2025 | Foto: Joachim Kiessling
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